Bericht von Gabriella Halmai über den Besuch im Tierheim

Seit etlichen Jahren verfolgen wir mit großem Interesse die lebendigen Erzählungen meines lieben Kollegen Alois über die Entwicklung und Fortschritte im Hundetierheim Barcs, die Empfindungen über die Hunde und die persönlichen Beziehungen zu Balázs und den lokalen Helfern. Da ich Ungarisch spreche, werden meine Übersetzungskenntnisse ebenfalls gelegentlich nachgefragt.

Regelmäßig like ich berührt die Berichte der facebook-Seite von Menschen-pro-Tiere-e.V. bei der Übergabe der Hunde an ihre neuen Frauchen und Herrchen und auch deren Posts über das Einleben in die neuen Familien. Sehr freut es uns zu sehen, wie gut sie es getroffen haben, den Sprung vom unbequemen Zwinger-Boden in die Kissen eines eigenen Körbchens oder gar auf das Familiensofa geschafft zu haben.

Der Zufall hat uns nun selbst vor Ort nach Barcs geführt. Anfang Dezember hatten wir Urlaub im vorweihnachtlich dekorierten Budapest geplant und gleichzeitig erzählte Alois, dass eine Fahrt zum Transport von neu adoptierten Hunden vom 4.-7. Dezember 2019 anstand. Getrieben vom Interesse, das Hundetierheim, seine Insassen und „das Alles“ einmal selbst zu sehen, meldete ich spontan einen Besuch bei Alois an, der sicherlich überrascht, aber dann erfreut uns bei Balázs und den Mitarbeitern vor Ort ankündigte. So ließen wir am 3.12. 2019 die Weihnachtsmärkte und kommerziellen Verlockungen der Hauptstadt hinter uns, nahmen ein Mietauto und machten uns auf den Weg in die südliche ungarische Provinz. Barcs selbst ist eine Kleinstadt unmittelbar an der Grenze zu Kroatien und bietet überschaubare Attraktionen, die sich bei anderem Wetter sicherlich weniger grau präsentieren. Es gibt alles, was man zum Leben braucht, super aufregend ist das Leben dort jedoch nicht wirklich.

Alois und Thorsten waren die Nacht vom 4. auf den 5. Dezember per Transporter von Mommenheim angereist, wie immer voll bepackt mit all den Spenden und Tierfutter von großzügigen und lieben Tierfreunden.

So kam es nachmittags zu einem weiteren Treffen am allseits bekannten Lidl-Parkplatz, schon von weitem war Alois gut sichtbar in seiner knallgelben Barcs-Jacke, die wir von so vielen Bildern kennen. Erneut hat er versucht, uns mental auf den Besuch und die Situation vor Ort im Tierheim vorzubereiten. „Schlimm“, so seine Aussage, verstärkt nun durch die Kälte, die in dieser Woche Ungarn im Griff hatte. So waren wir auf schlimme Zustände vorbereitet, die wir vor Ort als überhaupt nicht schlimm empfunden haben.

Irgendwo am Stadtrand, draußen „jwd“ fuhren wir an vernachlässigten Häusern und Gehöften vorbei und sahen dann das kleine Hinweisschild „Kutyamenhely“ – Hundetierheim. Nach der Fahrt durch das Tor erkannten wir bekannte Bilder aus den facebook-posts und stellten fest, dass „schlimm“ wesentlich weniger übel war als erwartet. Sogleich wurden wir von freundlichen „Freigängern“ beschnuppert und begrüßt, endlich mal andere Gerüche. Eine Gruppe Hunde, die gut miteinander auskommen, dürfen während die Helfer vor Ort sind, frei herumlaufen und nutzen gerne diese Gelegenheit, umher zu rennen und etwas mehr Freiheit zu haben. Alois stellte uns Marika und ihre Tochter Nora vor, die regelmäßig vor Ort mit den Hunden arbeiten, zusätzlich waren zwei weitere Helferinnen da. Man beäugte uns sicherlich mit Neugier aber auch mit Zurückhaltung und hat sich sicherlich gewundert, in welcher Funktion wir hier waren. Die anfängliche Distanz legte sich jedoch bald, da ich mich auf Ungarisch mit den Damen unterhalten konnte und wir uns über alltägliches und die Arbeit mit den Hunden ausgetauscht haben.

Wir bekamen eine interessante und ausführliche „Site-Inspection“ unter Alois Führung und Kommentierung und waren erstaunt, wie viel wir von vor Ort tatsächlich aus seinen Erzählungen und den facebook-posts bereits kannten. Die Gehege, der Wohnwagen, der Vorrätecontainer, die „Schatzkammer“ mit Kleider- und Deckenspenden, der Servierwagen mit den Näpfen, die selbst gebauten Hundehütten und vieles mehr.

Alles ist sehr einfach gehalten, die Gebäude waren ehemalige Schweineställe, lange Gänge, die man per Zaun in einzelne Gehege abgetrennt hat, die auch eine Verlängerung nach draußen haben. In jedem Gehege wohnen 2-3 Hunde, die gut miteinander auskommen. Neugierige und erwartungsvolle Blicke folgten uns, als wir die Gänge entlangliefen. Die meisten waren sehr erfreut über unsere Hände, die wir ihnen hingehalten haben und an denen sie mit Begeisterung geleckt haben. Ein Großteil der Hunde war freundlich, interessiert und begrüßten und Schwanz wedelnd. Nur einige wenige erhielten keine“ Händchen“ zum lecken, da sie mit gefletschten Zähnen oder wild kläffend an ihrem Zaun standen – wir waren uns bewusst, dass solch ein Hund wahrscheinlich nicht gut behandelt wurde oder sonstige Traumata aus seiner Vergangenheit aufarbeiten musste.

Sehr berührt hat mich eine kleinere Hundemama mit ihren 4 Welpen, die alle sehr neugierig und eifrig vor uns umher tänzelten und deren kleine Zungen unsere Hände kitzelten. Mögen sie in liebevolle Hände kommen. Auch machten wir uns Gedanken über das Schicksal der 9 Welpen, die sich ein Gehege teilten. Sehr süß, alle begeistert und sehr freundlich, jedoch von der Rasse irgendwas aus Pitbull und sonstiger Listenhund und somit ohne Chance, ein gutes Zuhause über Menschen-pro-Tiere zu finden, da solche Rassen nicht von Tierschutzvereinen nach Deutschland vermittelt werden dürfen.

Wir waren tief beeindruckt von der Arbeit, die Balázs, Marika und die Helferinnen mit den sehr bescheidenen finanziellen und materiellen Mitteln leisten und zollen ihnen hohen Respekt dafür. Die Helferinnen selbst leben persönlich in für sie schwierigen Situationen, da sie erwerbslos oder arbeitssuchend sind und für ihre Arbeitslosenunterstützung, die ihnen der ungarische Staat gewährt, gemeinnützige Arbeit leisten müssen. Die Themen der Logistik – eine kam per Bus täglich aus über 20 km gefahren und muss ihre Fahrkarte von dem wenigen Geld, das sie bekommt, auch noch selbst bezahlen – Witterungsbedingungen wie Kälte im Winter und große Hitze im Sommer, das Nichtvorhandensein von funktionaler Bekleidung und Schuhen erschweren die Arbeitsbedingungen zusätzlich. Trotzdem kümmern sie sich liebevoll um die Tiere, säubern täglich die Gehege und das Gelände, kochen das Futter und verteilen Näpfe und Wasserschalen und reinigen diese ebenfalls regelmäßig. Menschen-pro-Tiere hat viel getan, um die Infrastruktur zu verbessern, das sieht man, jedoch ist vieles recht einfach, aber funktional und wird gebraucht.

Wir alle fanden unsere „Lieblingshunde“, die wir am liebsten gleich adoptiert und mitgenommen hätten, so verliebte sich Tom in Tadé, eine schwarze Schönheit, die ihm stehend fast bis an die Schultern reicht und gerne „Küsschen“ gab und ich hatte einen kleinen schwarz-weißen Wuschel sehr ins Herz geschlossen.

Bedingt durch die Kälte und herannahende Dunkelheit endete der Besuch und wurde bei einem Abendessen zusammen mit Thorsten beim „Kalmár“ Lokal bei ungarischer gutbürgerlicher Küche fortgesetzt. Nun auch unter Anwesenheit von Tierheimleiter Balázs, der hoch erfreut war, dass die Kommunikation durch meine Dolmetscherdienste wesentlich flüssiger lief.

Nach dem Essen kam Alois‘ „Ordner“ hervor, und es wurde Kapitel für Kapitel durchgesprochen, was es zu besprechen gab. Reisepapiere für die Hunde, Tierarztthemen, Impfungen, Kastrationen, allgemeine Verwaltungsthemen, Behördenkram, Finanzen, Situation der Helferinnen, Baumaßnahmen etc etc.

Zurückblickend sind wir sehr froh, dass wir nach Barcs gefahren sind und uns ansehen konnten, wie das Hundetierheim vor Ort aussieht, wo die Hilfe von Menschen-pro-Tiere e.V. direkt ankommt und was mit den Geld- und Sachspenden der Unterstützer geschiegt und für was die Mittel verwendet werden. Hier kommt Hilfe wirklich dort an, wo sie hingehört.

Wir sind sehr beeindruckt von der Arbeit, die die Leute vor Ort für die Tiere leisten, jedoch auch sehr dankbar für die großzügige Unterstützung der vielen Tierfreunde und natürlich auch den Leuten, die sich für die Aufnahme von Hunden entschließen und ihnen somit ein liebevolles und schönes Zuhause und Hundeleben ermöglichen, das sie verdienen. Wir fühlen natürlich mit den „Barcsern“ die vor Ort bleiben müssen, sind jedoch froh, dass es dieses Tierheim gibt in dem viele einem schlimmeren Hundeschicksal entkommen können und drücken alle Daumen, dass möglichst viele von ihnen ebenfalls „gefunden“ und vermittelt werden können.

Gabi und Tom

Im Dezember 2019

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